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Forfaitierung
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Das Original: Gabler Banklexikon
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abgeleitet von à forfait, franz.: in Bausch und Bogen, zum Pauschalpreis. 1. Begriff: Form der Exportfinanzierung durch regresslosen Verkauf von mittel- und langfristigen Exportforderungen durch den Exporteur (Forfaitist) an ein in- oder ausländisches Finanzierungsinstitut (Forfaiteur).
2. Grundlagen: Der Forfaitierung können Wechsel- oder Buchforderungen zugrunde liegen.
a) Der Wechsel ist die häufigste Form der Verkörperung der verkauften Forderung, da hierbei Einwendungen aus dem Grundgeschäft (Kauf) nicht geltend gemacht werden können und dieses Wertpapier durch Indossierung (Indossieren) leicht übertragbar ist. Beim gezogenen Wechsel (Tratte) bzw. Bill of Exchange (vom Exporteur als Aussteller auf den Importeur gezogen) kann ein Indossant durch ein Angstindossament (Zusatz z.B. „ohne Regress”, „ohne Obligo”, „without recourse”) seine Haftung für Annahme oder Zahlung des Wechsels ausschließen (Art. 15 I WG). Der Aussteller kann jedoch durch derartige Vermerke einen Ausschluss der Haftung für die Zahlung nicht herbeiführen (Art. 9 II WG). Die Praxis behilft sich damit, dass der Forfaiteur durch eine dem Aussteller gegenüber abgegebene Haftungsausschlusserklärung auf das ihm zustehende Recht zum Wechselrückgriff (aus Art. 48, 49 WG) verzichtet. Für den Exporteur bleibt freilich das Verlustrisiko bestehen, wenn der Forfaiteur den Wechsel ohne Ausschluss des Rückgriffsrechts auf den Forfaitisten weitergibt. Die geeignete Forderungsverkörperung stellt daher ein Solawechsel (Promissory Note) dar. Wird dieser an die Order des Exporteurs ausgestellt, könnte dieser seine Haftung als Indossant durch eine Angstklausel ausschließen. Im Hinblick auf die Internationalität der Forfaitierung entstehen Probleme, wenn ein beteiligtes Land die Angstklausel nicht kennt. Günstiger ist es daher, den Solawechsel vom Importeur an eigene Order ausstellen und von ihm mit einem Blankoindossament (Art. 14, II WG) versehen zu lassen, sodass der Name des Exporteurs nicht auf dem Wechsel erscheint. Grundsätzlich müssen sämtliche zur Forfaitierung angebotenen Wechsel bankgarantiert sein (Bankgarantie), um eine eingehende Kreditwürdigkeitsanalyse (Kreditwürdigkeit) des Importeurs zu vermeiden, die komplexer, schwieriger und kostenintensiver ist als bei Inlandsrisiken. Die avalierende Bank (Avalakzept) muss von einwandfreier Bonität (Kreditwürdigkeit) sein, damit der Forfaiteur bei seiner Kreditentscheidung im Wesentlichen allein auf das Länderrisiko abstellen kann. Die auf dem Wechsel abgegebene Avalverpflichtung (Art. 31 WG) begründet eine unwiderrufliche und unbedingte Zahlungspflicht des Wechselbürgen (Art. 32 WG). Der Avalist haftet in gleicher Weise wie der Schuldner, für den das Aval besteht. Bei Tratten muss diese Person bezeichnet werden; ansonsten gilt die Wechselbürgschaft für den Aussteller. Ein bankavalierter Wechsel erhält unabhängig von der Kreditwürdigkeit des Schuldners durch das Bankaval seine Bonität und Fungibilität.
b) Auch Buchforderungen sind forfaitierbar. Da hier Einreden aus dem zugrunde liegenden Liefervertrag zwischen Ex- und Importeur gegen das rechtmäßige Bestehen der Forderung möglich sind, geben beide Vertragsparteien gegenüber dem Forfaiteur eine Erklärung ab, die (Geld-)Forderung bestehe zu Recht. Auch bei Buchforderungen ist der Forfaiteur bemüht, ein Bankaval (als Bankgarantie oder -bürgschaft) zu erhalten. Die Garantie muss unbedingt unwiderruflich und unbeschränkt, die Bürgschaft unwiderruflich und unbeschränkt übertragbar ausgestaltet sein, um die Möglichkeit des Weiterverkaufs offen zu halten. Die Forfaitierung kann auch Deferred-Payment-Akkreditive zum Gegenstand haben.
3. Währungen: Bevorzugt sind US-Dollar, Euro, Schweizer Franken und Britische Pfund. Auf Wechseln ist das Wort „effektiv” einzufügen. Fehlt ein solcher Effektivvermerk, kann sich der Schuldner in vielen Staaten von seiner Verpflichtung durch Zahlung in Landeswährung befreien. Wechsel müssen in einem Hartwährungsland zahlbar sein.
4. Kosten: Die Kosten einer Forfaitierung werden beim Forderungsverkauf als Diskont (Abschlag) abgezogen. Sie beziehen sich auf die gesamte Laufzeit, bei Ratenzahlung auf die jeweilige Restlaufzeit (i.Allg. mindestens 25.000 Euro je Fälligkeit). Der Forfaitierungs-Diskontsatz ist abhängig von der Lage auf den Geld- und Kapitalmärkten der betreffenden Forfaitierungs-Währung, der Einschätzung der Länderbonität, der Forderungslaufzeit, dem Grad der Fungibilität der Forderung sowie der Gewinnmarge des Forfaiteurs. Einbezogen werden oftmals eine Vermittlungsprovision (bei Vermittlung des Forfaiteurs durch die Hausbank des Exporteurs) und die Avalprovision. Macht der Forfaiteur während der Vertragsverhandlungen eine feste Zusage für einen späteren Ankauf, fällt außerdem eine Bereitstellungsprovision an. I.d.R. wird ein fester Diskontsatz für die gesamte Laufzeit vereinbart; es kommen aber auch Vereinbarungen mit variablem Zinssatz vor. Bei Lieferungen in Länder mit hoher Auslandsverschuldung und akuter Knappheit an Währungsreserven ist eine Forfaitierung i.d.R. nur bei einer Ausfuhrdeckung durch die Hermes Kreditversicherungs AG möglich, mit zusätzlichen Kosten wegen der hierfür anfallenden Prämien.
5. Laufzeit: Für Länder mit überschaubaren Risiken betragen die Laufzeiten i. Allg. zwischen fünf bis sieben Jahren. Die untere Grenze beträgt sechs Monate.
6. Forfaitierungsinstitute: Häufig agieren Tochtergesellschaften international tätiger Kreditinstitute; oft werden die Forderungen aber auch im eigenen Portefeuille der Hausbanken belassen. Bedeutsame Bankplätze für Forfaitierungen sind Zürich, London, Luxembourg und New York.
7. Beurteilung der Forfaitierung: Die Forfaitierung erfüllt nicht nur Finanzierungs-, sondern auch Delkredere- oder Sicherungsfunktionen. Der Forfaitist ist vom Ausfallrisiko befreit. Der Forfaiteur übernimmt das wirtschaftliche Risiko (kein Rückgriffsrecht auf den Forfaitisten bei Zahlungsunfähigkeit, -unwilligkeit oder -verzug des Schuldners, Garanten oder Bürgen); er trägt ferner das politische Risiko (kein Zahlungseingang aufgrund von Unruhen, Streiks, kriegerischen Auseinandersetzungen, Zahlungsverboten oder Moratorien) sowie das Währungsrisiko. Beim Forfaitisten bleibt das Gewährleistungsrisiko: Er haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung und ist verpflichtet, für Mängelrügen des Importeurs einzustehen. Sofern keine Selbstbehalte vereinbart werden, erfolgt durch die Forfaitierung eine 100-prozentige Finanzierung, die beim Exporteur zu einer Bilanzentlastung führt und dessen Kreditwürdigkeit verbessert. Ihm ist eine genaue Kalkulation für das Warengeschäft möglich, da er dabei von festen Zinssätzen für die gesamte Laufzeit und eventuelle Vorlaufzeit ausgehen kann.
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