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Umsatzsteuer (USt)

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Charakterisierung: Die Umsatzsteuer ist eine indirekte Steuer, eine Verkehrsteuer, eine Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden, die den Konsum des Endverbrauchers belasten soll und daher auch häufig als Verbrauchsteuer charakterisiert wird (Steuerarten).
    Die im Sinne des Markts ohne Binnengrenzen innerhalb der Europäischen Union (EU) harmonisierte Mehrwertsteuer wird als Nettoallphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug (siehe auch Umsatzsteuersysteme) erhoben, d.h. in jeder Phase des Wertschöpfungsprozesses wird eine Steuer vom Preis der erbrachten Leistungen vor Steuer (netto) erhoben. So wird bei jedem Unternehmer in der Wertschöpfungskette rechtlich der Umsatz besteuert und die tatsächliche Besteuerung des von ihm erzeugten Mehrwertes durch den Abzug der von ihm an seine Lieferanten bezahlten Umsatzsteuer (Vorsteuer) sichergestellt. Letzteres ist der Vorsteuerabzug. Da die Steuer mit der Lieferung entsteht und der Vorsteuerabzug mit dem Eintreffen der Rechnung ermöglicht wird, spricht man von einer Sollbesteuerung. Unternehmer mit Jahresumsätzen bis 500.000 €, von der Buchführungspflicht bereite Unternehmer und Freiberufler können jedoch beantragen, die Umsatzsteuer von ihren vereinnahmten Umsätzen zu berechnen (Ist-Besteuerung, § 20 UStG). Da der Verbraucher belastet werden soll (Besteuerung der im Konsum ausgedrückten finanziellen Leistungsfähigkeit), werden neben dem Austausch von Leistungen und Gegenleistungen auch Ersatztatbestände wie Nutzungs-, Leistungs- und Sachentnahmen zu außerbetrieblichen Zwecken erfasst.

    2. Steuersubjekt ist i.d.R. der Unternehmer, d. h. nach § 2 I UStG jeder, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig, nachhaltig und mit Einnahmen- (nicht notwendig Gewinn)erzielungsabsicht ausübt. Unternehmer i.S. des UStG können natürliche Personen, juristische Personen oder Personenvereinigungen sein.

    3. Steuerbare Umsätze: Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 I UStG i.V. mit § 3 Ib, IXa UStG ein Haupt-, zwei Ersatz- und zwei Importtatbestände:
    Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausgeführt werden;
    die Entnahme von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Gegenständen für unternehmensfremde Zwecke sowie andere unentgeltliche Zuwendungen;
    die Verwendung von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Gegenständen für unternehmensfremde Zwecke und die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung;
    die Einfuhr von Gegenständen in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
    der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt (§ 1 I  Nr. 4, 5 UStG). Importe aus Nicht-EU- und aus EU-Staaten werden mithin unterschieden.

    Unter Lieferungen versteht man die Verschaffung der Verfügungsmacht über einen Gegenstand (§ 3 I UStG). Sonstige Leistungen sind z.B. Vermietung, Verpachtung, Darlehensgewährung, Beratung, Beförderung, Vermittlung, Werkleistung. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Jeder Unternehmer hat also umsatzsteuerlich nur ein Unternehmen; Lieferungen oder Leistungen zwischen dessen Teilbereichen sind nicht steuerbare Innenumsätze. Als solche werden auch die Umsätze zwischen einem Unternehmen und der finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch darin eingegliederten Kapitalgesellschaft behandelt (Organschaft, § 2 II UStG). Dies gilt auch bei einer Weisungsgebundenheit sichernden Eingegliederung natürlicher Personen oder ihrer Zusammenschlüsse. Geschäftsveräußerungen im Ganzen sind steuerfrei ( § 1 Ia UStG); mit ihnen zusammenhängenden Vorleistungen ist der Vorsteuerabzug verwehrt.

    4. Steuerbefreiungen finden sich in § 1 Ia, § 4 und § 25c UStG. Steuerfrei sind insbes. Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen (Exporttatbestände), ausländische Beförderungsleistungen, die meisten Umsätze von Kreditinstituten (Umsatzsteuer bei Kreditinstituten), Grunderwerbe (Grunderwerbsteuer [GrESt]), Versicherungsleistungen, Vermietungen von Grundstücken, Leistungen von Heilberufen (Arzt, Zahnarzt, Krankengymnast usw.) sowie kulturelle und bildende Leistungen.

    5. Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich das vereinbarte Entgelt ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer (§ 10 UStG). Gegenstandsentnahmen werden mit den Wiederbeschaffungskosten des Gegenstandes, Leistungsentnahmen mit den entstandenen Kosten bewertet.

    6. Umsatzsteuersätze: Der Regelsteuersatz beträgt 19 Prozent der Bemessungsgrundlage für jeden steuerpflichtigen Umsatz (§ 12 I UStG). Er ermäßigt sich auf 7 Prozent für Gegenstände, die in der Anlage zu § 12 II Nr. 1 UStG bezeichnet sind (z.B. bestimmte Lebensmittel und Getränke, land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, bestimmte Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, Vermietung von Übernachtungsmöglichkeiten und Campingplätzen) sowie für weitere Umsätze (§ 12 II Nr. 2–11 UStG).

    7. Vorsteuerabzug: Nach dem Konzept der Umsatzsteuer als Nettoallphasensteuer kann jeder Unternehmer die in seinen Vorumsätzen enthaltene Vorsteuer von der Umsatzsteuer abziehen (§ 15 I UStG):
    die in nach § 14 UStG ausgestellten Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die andere Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt haben,
    die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen importiert worden sind,
    die Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a UStG) von Gegenständen für sein Unternehmen.

    Der Vorsteuerabzug ist grundsätzlich ausgeschlossen, soweit die bezogenen Gegenstände oder Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden (§ 15 II UStG). Bei gemischter Verwendung ist eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen (§ 15 IV UStG). Ausnahmsweise zulässig ist der Vorsteuerabzug bei Exporten o.ä., da hier eine völlige Entlastung von inländischer Umsatzsteuer bewirkt werden soll (Bestimmungslandprinzip). In bestimmten Fällen, insbesondere dann, wenn die Steuererhebung im Bestimmungsland schwierig ist, z.B. private Reisemitbringsel, Versandgeschäfte innerhalb gewisser Grenzen, elektronische Dienstleistungen, verbleibt es bei der inländischen Besteuerung (Ursprungslandprinzip). Da sich eine Steuerbefreiung z.B. bei Vermietung wegen des Entfallens des Vorsteuerabzugs auch nachteilig auswirken kann, gewährt § 9 UStG in gewissen Fällen die Möglichkeit, auf die Steuerfreiheit zu verzichten.

    8. Entstehung der Umsatzsteuerschuld: Die Umsatzsteuerschuld entsteht für Lieferungen und sonstige Leistungen regelmäßig bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung = Regelbesteuerung) grundsätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13 I Nr. 1 a) S. 1 UStG), spätestens im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder Teilentgelts (z.B. Anzahlungen). Ein Unternehmer, dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat oder der von der Verpflichtung zur Buchführung und zur Aufstellung von Abschlüssen aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen nach § 148 AO befreit ist oder der Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit ausführt, kann die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen (Istbesteuerung, § 20 UStG).

    9. Besteuerungsverfahren: Der Besteuerungszeitraum für die Umsatzsteuer ist das Kalenderjahr (§ 16 I UStG). Der Unternehmer hat zur Leistung von Umsatzsteuervorauszahlungen Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben (§ 18 UStG). Die Umsatzsteuervoranmeldung ist bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraums mit der selbst zu berechnenden Steuervorauszahlung auf amtlich vorgeschriebenem Datensatz im Wege der Datenfernübertragung abzugeben. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Finanzamt einer papierenen, unterschriebenen Voranmeldung auf amtlichem Vordruck zustimmen. Mit der Steueranmeldung ist die Vorauszahlung fällig. Voranmeldungszeitraum ist bei größeren Beträgen (Steuer im Vorjahr mehr als 7.500 Euro) der Kalendermonat, ansonsten das Kalendervierteljahr (§ 18 II 1, 2 UStG), bis 1.000 Euro kann das Finanzamt den Unternehmer von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen befreien. Umsatzsteuerbeträge abzüglich Vorsteuerbeträge und Vorauszahlungen ergeben die Abschlusszahlung bzw. Erstattung (Steuererklärung). Die Umsatzsteuererklärung muss elektronisch erfolgen und ist auch von Kleinunternehmern abzugeben.

    10. Besonderheiten in Sonderfällen: Von Kleinunternehmern bis 50.000 Euro Umsatz im laufenden und bis 17.500 Euro Umsatz im abgelaufenen Kalenderjahr wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Sie können aber auf die Steuerbefreiung verzichten, um in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu kommen (§ 19 UStG). Wiederverkäufer (z.B. Gebrauchtwagenhändler) können die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) in Anspruch nehmen. Hier wird die Steuer nicht auf das gesamte Entgelt, sondern auf die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bemessen. Nach den §§ 23, 23a und 24 UStG besteht die Möglichkeit einer Besteuerung nach Durchschnittssätzen.§ 35 UStG befasst sich speziell mit der Besteuerung von Reiseleistungen.

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