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Vorstand
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1. Begriff: Geschäftsführendes Organ (Geschäftsführung) eines Personenverbands, insbesondere eines Vereins, einer Aktiengesellschaft (AG) oder einer Genossenschaft, das diesen im Rechtsverkehr (gerichtlich und außergerichtlich) vertritt. Der Vorstand kann i.d.R. aus einer oder mehreren natürlichen Personen bestehen (vgl. § 26 II 1 BGB für den Verein); teilweise ist eine Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern gesetzlich vorgesehen (z.B. in § 24 II GenG für die Genossenschaft mit mehr als 20 Mitgliedern: zwei Vorstandsmitglieder).
2. Der Vorstand der AG ist gemäß §§ 76 I, 78 I 1 AktG das zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berufene Organ. Mitglieder des Vorstands können nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige (Geschäftsfähigkeit) Personen sein, die nicht mit einem Berufsverbot belegt oder insbesondere wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt sind (Einzelheiten in § 76 III AktG). Eine gleichzeitige Mitgliedschaft in Vorstand und Aufsichtsrat (AR) ist wegen der Möglichkeit von Interessenskollisionen unzulässig (§ 105 I AktG). Der Vorstand, der aus einer oder mehreren Personen bestehen kann (§ 76 II AktG), muss sich nicht aus Gesellschaftern (Aktionären) zusammensetzen; eine Drittorganschaft ist also möglich. Die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder obliegt gemäß § 84 AktG dem AR. Die Einsetzung darf nach § 84 I 1 AktG höchstens für fünf Jahre erfolgen, eine Wiederwahl durch erneuten AR-Beschluss ist unbeschränkt zulässig (§ 84 I 2 AktG). Durch die Satzung können jedoch diesbezügliche Beschränkungen statuiert werden (z.B. Festlegung eines Höchstalters). Die Bestellung kann vor Fristablauf widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund (namentlich der Entzug des Vertrauens durch die Hauptversammlung [HV], vgl. § 84 III 2 AktG) vorliegt (§ 84 III 1 AktG). Die Vorstandsmitglieder erhalten für ihre Tätigkeit angemessene Bezüge (§ 87 AktG).
Der AR kann nach § 84 II AktG ein Mitglied des Vorstands zum Vorsitzenden ernennen, ansonsten wird in der Praxis häufig (insbesondere bei Großbanken) von den Mitgliedern selbst ein Sprecher bestimmt. Bei einem mehrköpfigen Vorstand gilt gemäß § 77 I 1 AktG der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung. Üblich (und nach § 77 I 2 AktG zulässig) ist eine Aufteilung der Aufgaben nach einem bestimmten Ressortprinzip, innerhalb dessen jedes Vorstandsmitglied das ihm zugewiesene Fachgebiet (z.B. Finanzen, Produktion) relativ eigenständig leitet. Grundlegende Fragen der Unternehmenspolitik werden dagegen meist durch Mehrheitsbeschlüsse entschieden. Die Geschäftsführung obliegt dem Vorstand eigenverantwortlich (§ 76 I AktG), d.h. er untersteht dabei keinen Weisungsrechten (Weisung) der HV oder des AR. Allerdings können bestimmte Arten von Geschäften an die Zustimmung des AR geknüpft werden (§ 111 IV 2 AktG). Dem Vorstand steht es ferner frei, über Fragen der Geschäftsführung selbst eine Entscheidung der HV herbeizuführen (§ 119 II AktG).
Besteht der Vorstand als Vertretungsorgan aus mehreren Personen, ordnet § 78 II 1 AktG grundsätzlich Gesamtvertretung (Gesamtvertretung bei Gesellschaften) an, wobei abweichende Regelungen durch die Satzung zulässig (vgl. § 78 III 1 AktG) und üblich sind. Gemäß § 82 I AktG ist eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis unwirksam. Vereinzelt ordnet das Aktiengesetz (AktG) allerdings eine Vertretung der AG durch Vorstand und AR gemeinsam (z.B. § 246 II 2) bzw. einen Zustimmungsvorbehalt der HV (z.B. § 52 I) an. Gegenüber dem Vorstand selbst wird die AG allein durch den AR vertreten (§ 112 S. 1 AktG). Veränderungen in der Vertretungsbefugnis sind (wie auch solche in der Zusammensetzung des Vorstands) zur Eintragung in das Handelsregister (HR) anzumelden (§ 81 I AktG).
Weitere Pflichten des Vorstands sind schließlich:
die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der HV, § 83 AktG;
die Sorge für die Führung der Handelsbücher, § 91 I AktG;
die Einrichtung von bestimmten Überwachungssystemen, § 91 II AktG;
die Stellung des Insolvenzantrags bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft, § 15a I 1 InsO;
die Erstattung von Berichten an den AR, § 90 AktG;
die Erfüllung von berechtigten Auskunftsverlagen der Aktionäre (Auskunftsrecht des Aktionärs), § 131 AktG.
Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens (Schadensersatz) als Gesamtschuldner verpflichtet (§ 93 II 1 AktG). In der Praxis spielt diese Haftungsregelung (Haftung) keine große Rolle (wegen der Business Judgement Rule). Im Außenverhältnis gegenüber Geschäftspartnern und anderen Dritten ist die Gesellschaft gemäß § 31 BGB für deliktische Handlungen (unerlaubte Handlung) des Vorstands verantwortlich.
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