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Stabilitätspakt
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Auch Stabilitäts- und Wachstumspakt (kurz: Euro-Stabilitätspakt); Vereinbarungen, die im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion für finanzpolitische Stabilität sorgen sollen, insbesondere in Bezug auf den Euro und die Staaten der Eurozone. Wesentliche Rechtsgrundlage des Stabilitätspakts sind heute Art. 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (EU) - AEUV - und das an diesen angefügte Protokoll Nr. 12. Die 1996 vom Europäischen Rat beschlossene Vereinbarung dient der Sicherstellung der Haushaltsdisziplin der EU-Staaten. Der Stabilitätspakt sieht vor, dass die Europäische Kommission regelmäßig überprüft, ob das öffentliche Defizit, d.h. die jährliche Nettoneuverschuldung der öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion 3 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) nicht übersteigt und der Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60 Prozent ihres BIP begrenzt ist. Falls das Haushaltsdefizit eines Mitgliedstaates die Marke von 3 Prozent des BIP zu überschreiten droht, kann die Kommission eine „Frühwarnung“ („Blauer Brief“) geben. Falls das Defizit tatsächlich über 3 Prozent wächst, startet die Kommission ein „Verfahren wegen übermäßigen Defizits“. In einer ersten Stufe müssen die betroffenen Länder einen Plan vorlegen, wie sie das Defizit abzubauen gedenken. Halten sie diesen Plan nicht ein, können Sanktionen verhängt werden: (1) Es können Geldstrafen von 0,2 bis zu 2,5 Prozent des BIPs des betroffenen Landes verhängt werden (0,2 Prozent Sockelbetrag und bis zu 0,3 Prozent je nach Schwere des Vergehens zusätzlich). (2) Der EU-Ministerrat kann von defizitären Staaten verlangen, dass sie eine unverzinsliche Einlagen bei der Europäischen Zentralbank in „angemessener Höhe“ hinterlegen, bis das übermäßige Defizit korrigiert ist. (3) Ein Staat kann aufgefordert werden, vor der Ausgabe von Schuldverschreibungen und sonstigen Wertpapieren zusätzliche Angaben zu veröffentlichen. (4) Die Europäische Investitionsbank (EIB) kann aufgefordert werden, ihre Darlehenspolitik gegenüber einem Land zu überprüfen. Diese Sanktionen können allerdings nicht von der Kommission verhängt werden: Ihr Vorschlag muss letztlich vom Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden, wobei das betroffene Land kein Stimmrecht hat. Ausnahmen sieht der Stabilitätspakt nur vor, wenn ein außergewöhnliches Ereignis wie z.B. eine Naturkatastrophe auftritt oder sich das betroffene Land in einer schweren Wirtschaftskrise befindet, d.h. bei einem Rückgang des BIP um mindestens 0,75 Prozent. Griechenland ist eine Ausnahme. Im Dezember 2011 trat eine Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts in Kraft, mit neuen Regeln für die wirtschafts- und haushaltspolitische Überwachung. Bei diesen neuen Maßnahmen, dem so genannten „Six Pack“, handelt es sich um fünf Verordnungen und eine Richtlinie (EU-Rechtsakte).
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