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Umschuldung
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Umfinanzierung; Finanzierungsmaßnahmen, mit denen Verbindlichkeiten eines Schuldners umstrukturiert werden, indem bestehende Kredite oder ausgegebene Anleihen abgelöst und durch neue Kredite oder Anleihen mit geänderten Konditionen ersetzt werden (z.B. mit verlängerten Fälligkeiten, niedrigeren Zinsen oder tilgungsfreien Zeiten). Ziel ist es, die Schuldensituation des Schuldners zu verbessern. Möglichkeiten ergeben sich insbesondere dann, wenn die Zinsbindung der bisherigen Kredite ausläuft und die Kredite verlängert werden sollen. Die Verlängerung von Krediten allein wird als Prolongation bezeichnet, bei einer Umschuldung dagegen werden die Bedingungen für Zins- und Tilgungsleistungen geändert. Gerade wenn das Zinsniveau seit Aufnahme der Kredite bzw. Ausgabe der Anleihen gesunken ist, kann der Schuldner durch die Umschuldung die Höhe seiner Zinszahlungen senken. Bei Krediten mit Festzinsbindung kann der Schuldner zwar während der Zinsbindungsfrist kündigen, der Gläubiger (z.B. das Kreditinstitut) kann dann jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.
Die Umschuldung wird auch genutzt, um mehrere Kreditverpflichtungen zusammenzufassen und so die gesamte Finanzierung neu zu ordnen. Oft wird gleichzeitig eine Sondertilgung geleistet oder der Kreditgeber gewechselt. Anlässe sind jedoch häufig konkrete Krisensituationen, in denen der Schuldner fällige Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr erfüllen kann und einer drohenden Insolvenz vorgebeugt werden soll. Das kann sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen sowie Staaten betreffen.
Ausgelöst durch die Finanzmarktkrise sind aktuell mehrere europäische Staaten in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Eine Umschuldung und eine gleichzeitige Verlängerung der Kreditlaufzeiten würde diesen Staaten die Möglichkeit einräumen, ihre Schulden langfristig zurückzuzahlen. Wenn die Staaten jedoch sehr hoch verschuldet sind und eine Rückzahlung nicht absehbar ist, kann es zu einem Schuldenschnitt (Haircut) kommen. Hier verzichten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen, um einem Totalausfall vorzubeugen. Um ein solches Umschuldungsverfahren abzuwickeln, können bereits bei der Ausgabe von Staatsanleihen sog. Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses, CACs) aufgenommen werden. Umschuldungsklauseln umfassen eine Vielzahl von Einzelregelungen, wie die Bedingungen geändert werden können (z.B. Umtausch oder Umwandlung von Anleihen, Änderungen der Zahlungsbedingungen) und ob oder wie die Mitsprache von Gläubigern vorgesehen wird, wenn der Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Während bisher Umschuldungsklauseln nur in Staatsanleihen nach engl. Recht üblich waren, sind nun nach Beschluss des Europäischen Rates ab Juli 2013 bei allen neu emittierten Staatsanleihen im Euro-Währungsgebiet Umschuldungsklauseln aufzunehmen.
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