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Islamischer Fonds
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Investmentfonds, der mit der Scharia, d.h. den ethischen Normen und rechtlichen Regelungen des Islam, übereinstimmt. Der islamische Fonds stellt ein Instrument des islamischen Finanzwesens dar.
1. Grundlage: Die aus der Scharia abgeleiteten Vorschriften für das islamische Finanzwesen gelten prinzipiell für alle Bank- und Finanzdienstleistungen, einschließlich Investmentfonds.
Zu den für einen islamischen Fonds besonders relevanten aus der Scharia abgeleiteten Vorschriften zählen:
a) die zentralen Leitgedanken des islamischen Wirtschaftsverständnisses (soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung von Individuen),
b) das allg. Zinsverbot (riba),
c) das Spekulationsverbot (garar),
d) das Glücksspielverbot (maysir),
e) die Verbote von sog. haram-Geschäften (z.B. bzgl. Alkohol, Pornographie, Tabak und Schweinefleisch).
Die Verbote beeinflussen sowohl die Organisation und die Konditionen des islamischen Fonds als auch die Auswahl der Investment-Objekte. Da es bei der Auslegung der Vorschriften viele Grauzonen gibt (z.B. können Telekommunikationsunternehmen pornografische Inhalte übertragen), lassen sich viele Fondsmanager durch islamische Rechtsgelehrte beraten.
2. Typen: Es gibt verschiedene Typen von islamischen Fonds, die jeweils in eigener Art die für sie relevanten Anforderungen aus der Scharia erfüllen müssen, wie z.B.:
a) Beteiligungsfonds: Hier werden Einlagen in Anteile von Unternehmen investiert und können dabei Gewinne durch Dividenden oder durch ihre spätere Veräußerung erzielen. Dabei gilt u.a.:
(1) Beteiligungen sind nur in Unternehmen möglich, die nicht haram (sondern halal) sind,
(2) Beteiligungsunternehmen sollten wesentliche Teile ihres Vermögens (mind. 33 bis 51 Prozent) in illiquider Form angelegt haben, um nicht als (verbotenes) Geldgeschäft zu gelten,
(3) Beteiligungsunternehmen sollten sich grundsätzlich weder gegen Zins verschuldet noch ihr Vermögen zinsbringend angelegt haben oder zinsbasierte Geschäfte betreiben (wie z.B. Banken);
b) Leasingfonds (jarah): Hier werden Einlagen dazu genutzt, Vermögensgegenstände (z.B. Immobilien oder Fahrzeuge) zu kaufen, die anschließend an Endnutzer verleast werden. Dabei gilt u.a.:
(1) Die geleasten Vermögensgegenstände müssen ein Nießbrauchrecht umfassen und die Leasingraten dürfen erst fällig werden, wenn das Nießbrauchrecht auf den Leasingnehmer übergeht,
(2) die geleasten Vermögensgegenstände müssen ihre halal-Nutzung möglich machen,
(3) der Leasinggeber muss die Verantwortung übernehmen, die sich aus dem Besitz der Vermögensgegenstände ableitet,
(4) die Leasingrate muss vor Vertragsbeginn festgelegt und bekannt sein;
c) Rohstoff-/Handelswaren-Fonds: Hier werden die Einlagen dazu genutzt, verschiedene Rohstoffe/Handelswaren zu erwerben, die anschließend gegen Gewinn, der wiederum anteilsmäßig unter den Einlegern aufgeteilt wird, weiterveräußert werden. Dabei gilt u.a.:
(1) der Rohstoff bzw. die Handelsware muss halal sein,
(2) der Rohstoff bzw. die Handelsware muss sich im physischen oder mittelbaren Besitz (Besitzkonstitut) desjenigen befinden, der ihn/sie verkaufen will,
(3) der Rohstoff bzw. die Handelsware muss dem Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufes gehören, d.h., Leer- und Terminverkäufe sind i.d.R. verboten,
(4) der Preis des Rohstoffes bzw. der Handelsware muss festgelegt und den Vertragsparteien bekannt sein;
d) Murabahah Fonds: Hier werden Einlagen dazu genutzt, Waren für ganz bestimmte Kunden zu kaufen, an die sie anschließend unmittelbar – i.d.R. unter Zahlungsaufschub – mit einem vorher festgelegten Aufschlag weiterverkauft werden. Dabei gilt u.a., dass es sich um einen geschlossenen Fonds handeln muss, dessen Anteile nicht an einem Zweitmarkt gehandelt werden dürfen (weil der islamische Fonds aufgrund des unmittelbaren Weiterverkaufs über keine realen Vermögensgegenstände verfügt, sondern nur über nicht handelbare liquide Mittel und/oder Forderungen gegenüber seinen Kunden);
e) Gemischte Fonds: Hier werden die Einlagen der Investoren für verschiedene Investitionen wie bspw. Aktien, Leasing und/oder Rohstoffe genutzt. Die Anteile dürfen jedoch nur gehandelt werden, wenn der Fonds mindestens 51 Prozent in materiellen Vermögensgegenständen hält.
3. Indices: Mittlerweile gibt es auch eine Reihe von Indices für islamische Fonds. Dazu gehören z.B. der „Dow Jones Islamic Market Index“, die Standard-&-Poors-Index-Familie rund um den „S&P 500 Sharia“ sowie der „FTSE Islamic Index“.
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