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Shadow Delta
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1. Begriff: Korrekturfaktor für die Kennzahl Delta im Rahmen des modellgestützen Optionsgeschäfts, mit dem der direkte Einfluss von Kursveränderungen des Basiswertes auf den Optionspreis um den indirekten Einfluss dieser Kursveränderungen über damit einhergehende Veränderungen der impliziten Volatilität auf den Optionspreis (Vega) ergänzt werden soll.
2. Berechnung: Dieser modifizierte Delta-Faktor ergibt sich aus
dC/dS = ∂C/∂S + (∂C/∂σ) · (∂σ/∂S)
mit ∂C/∂S als Delta bei angenommener konstanter impliziter Volatiltät σ, ∂C/∂σ als Vega der Option und ∂σ/∂S als Veränderung der impliziten Volatilität bei einer Kursbewegung im Basiswert. Für den zweiten Term ist der Begriff "Shadow Delta" geläufig, während der Gesamtausdruck auf einen Vorschlag von Cottle hin als "Iota-Faktor" ("I ought to adjust my delta") bezeichnet werden könnte. Es gilt also: Iota = Delta + Shadow Delta. Im Schrifttum findet sich anstelle von Iota auch der Begriff des Minimumvarianz-Delta.
3. Wertebereich und Interpretation: Der Faktor ∂σ/∂S weist i.d.R. einen negativen Wert auf, da er die auf Aktien-, Aktienindex- und korrespondierenden Futures-Optionsmärkten regelmäßig zu beobachtende antizyklische Entwicklung des Kurses, genauer: der Rendite eines Basiswertes und dessen impliziter Volatilität widerspiegelt (vgl. Delta, Ziff. 4). Da das Vega für Long-Positionen in Calls und Puts immer positiv ist, ist der Iota-Faktor i.d.R. kleiner als der Delta-Faktor; Delta und Shadow-Delta sind i.d.R. negativ korreliert. Das bedeutet für Long-Positionen in Calls eine Enttäuschung im Aufschwung und einen gewissen Trost im Abschwung; mit beidem war allerdings zu rechnen. Interessant erscheint vor allem der Blick auf die Long-Positionen in Puts: Hier ist der Iota-Faktor absolut gesehen größer als der (negative) Delta-Faktor. Das deutet darauf hin, dass auf den o.g. Märkten gehandelte Puts isoliert gesehen (Delta-)risikoreicher sind als Calls, die ein vom Betrag her gleich hohes Delta aufweisen. (Diese Aussage kehrt sich bei einer ausnahmsweise einmal prozklischen Entwicklung des Kurses eines Basiswertes und dessen impliziter Volatilität zwar um, stellt aber auf Reverse-Skew-Märkten die Ausnahme dar.) Aus Sicht des Delta-Hedging lässt sich dies bestätigen: Dem hedgenden Stillhalter ist ceteris paribus ein gezieltes Unterhedging bei Calls und Überhedging bei Puts, gemessen am Black/Scholes-Delta, zu empfehlen; mit anderen Worten ist das Hedging von Short-Put-Positionen konsequenter zu betreiben.
4. Anwendung und Hintergrund: Naturgemäß ist die Schätzung des Wertes für ∂σ/∂S das entscheidende Anwendungsproblem, das allerdings unter Rückgriff auf die Konzeption der Volatility Surface gelöst werden kann: Es lässt sich zeigen, dass unter bestimmte Vereinfachungsannahmen (linearer und konstanter Volatility Skew, d.h. lineare Abhängigkeit der lokalen Volatilität vom Kurs des Basiswertes ohne Zeitabhängigkeit) die Veränderung der impliziten Volatilität auf die Kurveränderung um eine Einheit hin genau deren Veränderung bei einem um eine Einheit geänderten Basispreis (Eta-Faktor) entspricht:
dC/dS = ∂C/∂S + (∂C/∂σ) · (∂σ/∂X)
wegen ∂σ/∂S = ∂σ/∂X. Damit wird im Ergebnis auf unkomplizierte Weise der Informationsgehalt eines (vertikalen) Volatility Skew zur Effizienzsteigerung von Trading und Hedging verfügbar gemacht.
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