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Immobilienfonds
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Das Original: Gabler Banklexikon
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1. Begriff: Anlagevehikel, dessen Vermögen aus Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten (Erbbaurecht, Wohnungseigentum, Teileigentum, Dauerwohnrecht) besteht. Die Grundstücke sind i.d.R. gewerblich oder gemischtwirtschaftlich genutzt und auf der Grundlage von Indexklauseln (Wertsicherungsklauseln) vermietet. Immobilienfonds bieten Anlegern die Möglichkeit, sich auch mit kleineren Beträgen an Immobilienvermögen zu beteiligen. Sie sollen eine sichere, inflationsgeschützte und ertragsorientierte Geldanlage ermöglichen, allerdings haben viele Immobilienfonds dies im Zuge der Finanzmarktkrise seit 2007 nicht mehr einhalten können, sodass die Anleger teils herbe Verluste hinnehmen mussten. Grund waren massive Kapitalrückflüsse, die nicht durch die vorhandene Liquidität in den Immobilienfonds gedeckt werden konnten. Gleichzeitig konnten die Immobilienfonds auch keine Liquidität durch den Verkauf von Immobilien schaffen. Als Ausweg wurden eine Reihe von Immobilienfonds vorübergehend geschlossen, d.h. Anleger konnten ihre Anteile nicht mehr zurückgeben. Einige dieser Fonds konnten aber auch nach über einem Jahr noch keine ausreichende Liquidität schaffen, sodass sie unter Mitwirkung der Aufsichtsbehörden abgewickelt werden mussten.
2. Offene Immobilienfonds: sind Sondervermögen. Diese Fonds werden nach dem Prinzip der Risikomischung gebildet. Es werden unbeschränkt Anteilscheine ausgegeben, die auch laufend zurückgegeben werden können. Der Erlös wird zum Erwerb weiterer Grundstücke und grundstücksgleicher Rechte verwendet. Allerdings darf eine einzelne Immobilie zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als 15 Prozent des Fondsvermögens ausmachen. Der Gesamtwert der Immobilien, deren Wert mehr als zehn Prozent des Fondsvermögens ausmachen, darf 50 Prozent des Fonds nicht übersteigen. In diese Richtung zielt auch die Regelung, dass die jeweiligen Immobilien mindestens ein Mal pro Jahr durch einen Sachverständigenrat, der unabhängig von der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ist, zu begutachten sind. Die Erträge aus dem offenen Immobilienfonds sind bei den Anteilscheininhabern Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies gilt auch für Erträge von Thesaurierungsfonds. Seit der Jahrtausendwende haben, bedingt durch Unsicherheiten unter den Anlegern, viele offene Immobilienfonds massive Mittelabflüsse hinnehmen müssen. Als Konsequenz wurde die Rücknahme von Anteilsscheinen teilweise ausgesetzt und mehere Fonds wurden abgewickelt. Mehrere Regelungen, die u.a. im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Abschnitt 3, Unterabschnitt 5 zu finden sind, sollen den Auswirkungen von Runs auf Fonds entgegenwirken, etwa die Mindesthaltedauer von Anteilen von 24 Monaten.
3. Geschlossene Immobilienfonds unterliegen ebenso wie offene Immobilienfonds dem KAGB und sind ebenfalls Alternative Investmentfonds (AIF). Das Fondsvermögen besteht oft nur aus einer Immobilie oder einigen wenigen Immobilien, und es wird nur eine begrenzte Anzahl von Anteilscheinen ausgegeben. Im Gegensatz zum offenen Immobilienfonds mit weitgehender Abstrahierung des Grundbesitzes sind Anteilseigner beim geschlossenen Immobilienfonds wirtschaftlich wie Grundbesitzer gestellt. So werden die Anteile an dem geschlossenen Immobilienfonds nur während einer vorab festgelegten Zeichnungsfrist ausgegeben, danach wird das Eigenkapital des Fonds nicht mehr verändert. Dadurch wird die wirtschaftliche und steuerliche Gleichstellung der Anleger mit einem Immobilieneigentümer gewährleistet. Allerdings liegt der Mindestanlagebetrag i.d.R. bei mehreren Tausend Euro, sodass geschlossene Immobilienfonds nur für gehobene Anleger infrage kommen. Bei geschlossenen Fonds bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Investition wieder aufzulösen. Zum einen kann die Gesellschafterversammlung beschließen, den Fonds aufzulösen und die Immobilien zu verkaufen. Der Anleger erhält dann seinen Anteil am Verkaufserlös. In der Praxis wird dies oftmals nicht durchgeführt, da es relativ schwierig ist, die Interessen aller Fondsinhaber zu berücksichtigen. Der zweite Weg besteht darin, die Anteile am Sekundärmarkt zu verkaufen. Allerdings müssen die Fondsinitiatoren im Gegensatz zu offenen Fonds keine Anteile zurücknehmen. Hier bleibt dem Anleger nur die Suche nach einem Käufer. Viele Anbieter von geschlossenen Immobilienfonds haben jeweils für den Verkauf der Anteile ihrer Fonds einen Sekundärmarkt organisiert. Ob tatsächlich im konkreten Einzelfall ein geeigneter Käufer gefunden werden kann und zu welchem Preis der Fondsanteil verkauft wird, hängt von der Nachfrage ab. Eine Rücknahmegarantie wie bei offenen Immobilienfonds gibt es bei geschlossenen Fonds nicht. Siehe zur Gegenüberstellung der charakteristischen Merkmale von offenen und geschlossenen Immobilienfonds die Tabelle "Immobilienfonds".
Immobilienfonds | ||
Vergleich | Offener Immobilienfonds | Geschlossener Immobilienfonds |
Rechtskonstruktion | Sondervermögen | Gesellschaft (GbR oder KG) |
Gesetzliche Regelung | KAGB | KAGB |
Rechtsnatur des Anteils | Wertpapier | Gesellschaftsanteil |
Staatliche Aufsicht | BaFin | BaFin |
Kapitalhöhe | variabel | fest, da Finanzierung eines bestimmten Objekts |
Ausgabe von Anteilscheinen | laufend, nicht begrenzte Anzahl | einmalig, begrenzte Anzahl |
Rücknahme von Anteilscheiinen | jederzeitige Rücknahmepflicht | grundsätzlich keine Rücknahmepflicht |
Eigentum | KVG | Fondsgesellschaft (GbR oder KG) |
Anlageprinzip | Risikomischung | Konzentration auf ein Objekt oder wenige Objekte |
Versteuerung der Einkünfte bei Anteilsinhabern | Abgeltungsteuer | Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, Verlustzuweisungen) |
4. Rechtskonstruktionen: Bei offenen Immobilienfonds steht das Sondervermögen im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft (Treuhandlösung im Gegensatz zu Wertpapierfonds, bei denen die Miteigentumslösung der Regelfall ist). Die Anteilseigner haben nur schuldrechtliche Ansprüche (wirtschaftliches Eigentum). In Deutschland aufgelegte geschlossene Immobilienfonds sind heute i.d.R. auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder als Kommanditgesellschaft) entwickelt worden. Frühere Fondskonstruktionen beruhten auch auf der Bruchteilseigentumslösung (Miteigentum nach Bruchteilen). Sie dienen vor allem der Finanzierung von gewerblichen Großimmobilien. Dabei übernimmt der Initiator die Planung und Realisierung. Bei den Initiatoren handelt es sich um Gesellschaften, die zum einen die Grundstücke beschaffen, die Bebauung und Nutzung planen und durchführen sowie andere Kapitalanleger suchen, die sich an dem Fonds beteiligen.
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