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Basel II

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Das Original: Gabler Banklexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Allgemeines: In Abgrenzung gegenüber der bisherigen Regelung (Basel I) stellt Basel II die üblich gewordene Bezeichnung für die ab Ende 2006 geltenden internationalen Eigenkapitalregelungen (New Basel Capital Accord) dar, die der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht in enger Konsultation mit nationalen Bankenaufsichtsbehörden, Zentralbanken sowie dem Bankensektor seit 1998 erarbeitet hat. Die Neuregelung soll nicht nur ein „level playing field“ auf internationaler Ebene schaffen, sondern auch Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der nationalen Bankenlandschaften vermeiden.

    2. Aufbau:
    a) Eine erste „Säule“ befasst sich näher mit Mindestkapitalanforderungen; dabei werden die Bonitätsgewichte besser auf das tatsächliche Ausfallrisiko ausgerichtet und neben Kreditrisiken und Marktrisiken auch explizit operationelle Risiken berücksichtigt; hierunter fällt jede Gefahr von unmittelbaren oder indirekten Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, von Menschen, von Systemen oder von externen Ereignissen eintreten. Für die Bemessung der Kreditrisiken sieht das neue Konzept ein Spektrum verschiedener Ansätze vor, die dazu veranlassen sollen, zunehmend differenziertere Verfahren zu verwenden und so das regulatorische (bankenaufsichtlich vorgeschriebene) Eigenkapital weiter dem ökonomischen Eigenkapital anzunähern. Beim Standardansatz werden (ähnlich wie bei Basel I) das Kreditrisiko und die daraus folgende Kapitalunterlegung über externe Ratings bestimmt, indem Kreditnehmergruppen abhängig von ihrer Bonität standardisierte Risikogewichte zugeordnet werden. Im Unterschied dazu werden die Risikogewichte im IRB-Ansatz (internal ratings-based approach) auf Basis interner Ratings forderungsspezifisch ermittelt. Dabei besteht die Wahl zwischen einem Basisansatz (foundation approach, auch foundation IRB approach genannt), bei dem die Banken lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeit (probability of default, PD) ihrer Kreditnehmer selbst schätzen dürfen, und einem fortgeschrittenen Ansatz (advanced approach, auch advanced IRB approach genannt); bei diesem erfolgt auch die Schätzung der weiteren Parameter (loss given default, LGDVerlust bei Ausfall; exposure at default, EaD – Höhe des Engagements bei Ausfall unter Berücksichtigung offener Kreditlinien; effective maturity, Meffektive Restlaufzeit) weitgehend durch die Bank. Eine wesentliche Unterscheidung findet zwischen Krediten an Unternehmen, andere Banken und Staaten einerseits sowie an Privatkunden (retail portfolio) andererseits statt. Bei Letzteren existiert im Rahmen des IRB-Ansatzes nur eine einzige Risikogewichtungsfunktion, in die lediglich PD und LGD eingehen, während die Retailkredite im Rahmen des Standardansatzes pauschal mit 75 Prozent gewichtet werden; im Ergebnis sind Kredite an Privatkunden mit deutlich weniger Eigenkapital zu unterlegen als unter Basel I. Im Juli 2002 verständigte sich der Ausschuss nach deutschem Drängen darauf, (auch) kleine und mittlere Unternehmen günstiger als Großunternehmen zu behandeln. Basel II legte ferner erstmals international harmonisierte Regelungen für die bankenaufsichtliche Behandlung von verbrieften Forderungen (asset backed securities, ABS) fest.
    b) Eine zweite Säule von Basel II bildet ein bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess (supervisory review process), der eine individualisierte, qualitative Überwachung der Institute seitens der Bankenaufsichtsbehörden nicht zuletzt durch intensivere Kontrollen vor Ort beinhaltet.
    c) Eine dritte Säule schließlich zielt auf die Stärkung der Marktdisziplin (market discipline) durch verbesserte Transparenz (disclosure) ab, wobei je nach Größe einer Bank unterschiedlich umfangreiche Daten zu veröffentlichen sind. Zudem wird die Nutzung von erleichterten Anforderungen bei den Eigenmitteln an die Einhaltung der jeweiligen Veröffentlichungsstandards geknüpft.

    3. Umsetzung: Um die Auswirkungen der Änderungen bewerten zu können, führte der Baseler Ausschuss im Hinblick auf das jeweils vorgelegte Konsultationspapier mehrere „quantitative impact studies“ (QIS) durch. Basel II wurde 2004 verabschiedet und trat nach einer mehrjährigen Umsetzungsfrist, während der Banken und Aufsichtsbehörden die notwendigen Anpassungsmaßnahmen vornehmen konnten, ab Ende 2006 (die Bestimmungen für die am weitesten fortgeschrittenen Ansätze erst ab Ende 2007) in Kraft. Wie zuvor bei Basel I erfolgte auch die Übernahme der Bestimmungen von Basel II alsbald zunächst durch EG-Rechtsakte (neu gefasste Bankenrichtlinie [Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute] und neu gefasste Kapitaladäquanz-Richtlinie [Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten] und sodann durch nationale Vorschriften, in Deutschland insbesondere durch das Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie vom 17.11.2006 (BGBl I 2606) sowie den Erlass der Solvabilitätsverordnung. Als Reaktion auf die Bankenkrise der Jahre 2007 ff. wurde Basel II in den folgenden Jahren überarbeitet.

    Vgl. auch Basel II.5, Basel III.

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