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öffentliche Schulden
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Staatsschulden; 1. Begriff: von staatlichen Stellen („öffentliche Hand”) am Geld- und Kapitalmarkt, d.h. außer bei (im Grundgesetz nicht vorgesehenen) „Zwangsanleihen” nicht aufgrund hoheitlichen Zwangs aufgenommene, mit Tilgungs- und Verzinsungspflichten verbundene Kredite.
2. Arten: öffentliche Schulden können als Briefschulden in gesonderten Urkunden dokumentiert (Wertpapier) oder als Buchschulden in ein staatliches Schuldbuch (des Bundes oder eines Landes) eingetragen werden (Bundesschuldbuch, Bundeswertpapierverwaltung). Sie können als Geldmarktpapiere oder als Kapitalmarktpapiere ausgestaltet sein; nur letztere sind z.T. börsenfähig.
3. Kreditnehmer und Gläubiger: Die Staatsverschuldung verteilt sich auf Bund, Länder, Gemeinden und andere Kommunen sowie Sondervermögen (insbesondere) des Bundes. Die Struktur der Gläubiger ist recht unterschiedlich. Einige Arten von öffentlichen Schulden können jedermann, auch Gebietsfremden gegenüber eingegangen werden (z.B. Bundesobligationen [Bobl], Bundesanleihen), andere Formen (z.B. U-Schätze, Kassenobligationen) werden regelmäßig nur von bestimmten Personen, v.a. von Banken und institutionellen Anlegern erworben. Öffentliche Schulden sind in der Bundesrepublik Deutschland i.d.R. mittel- oder langfristiger Natur. Aus geldpolitischen Gründen sprach sich die Deutsche Bundesbank gegen die (in anderen Ländern übliche) Ausgabe kurzfristiger Wertpapiere aus. Dieser Umstand könnte zwar nicht rechtlich, wohl aber ökonomisch die Anlagemöglichkeiten von Geldmarktfonds begrenzen.
4. Emissionsverfahren: Je nach Schuldart sind Einmal- oder Daueremissionen üblich. Außer bei Schuldscheindarlehen musste früher bei der Kreditaufnahme gemäß § 20 II a.F. BBankG die Bundesbank eingeschaltet werden, sei es als Konsortialführerin des Bundesanleihekonsortiums (Deutsche Bundesbank, Mitwirkung bei Emissionen von öffentlichen Verwaltungen), sei es durch „stille” Platzierung über die Börse. Die Bundesbank wird (als Hausbank des Bundes) bei Bundesobligationen und Bundesanleihen auch zur Kurspflege tätig. Hingegen darf sie keine Kursstützung (Kursregulierung) betreiben.
5. Ziele und Grenzen: Öffentliche Schulden dienen der Erzielung von Einnahmen, um damit die Erfüllung staatlicher Aufgaben zu finanzieren oder Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Die Bundesbank gewährt jedoch (im Einklang mit Art. 101 EGV/Art. 123 AEUV) seit 1994 keine Kassenkredite mehr. Eine verfassungsrechtliche Regelung für die Kreditaufnahmen durch den Bund und seine Sondervermögen wird in Art. 115 GG getroffen; danach sind Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Kredit auszugleichen. Diese Anforderung gilt als erfüllt, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Darüber hinaus ist eine konjunkturbedingte Überschreitung zulässig, wobei allerdings symmetrisch bei guter Konjunktur eine Rückführung vorgenommen werden muss. Im Rahmen der Fiskalpolitik können öffentliche Schulden prinzipiell als Instrument der Konjunkturpolitik und der Stabilitätspolitik eingesetzt werden.
6. Wirkungen: Öffentliche Schulden können nachteilige allokative Effekte hervorrufen, indem sie private Kreditnehmer auf Geld- und Kapitalmärkten verdrängen („Crowding-Out-Effekt"). Eine Zunahme der öffentlichen Schulden kann ferner zu negativen distributiven Wirkungen führen, soweit durch die Zins- und Tilgungslast finanziell schwächere Bevölkerungsschichten unverhältnismäßig stark betroffen werden.
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