Grundbuch, öffentlicher Glaube
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1. Begriff: Rechtswirkung, die einer Person beim Erwerb eines Grundstücksrechts oder bei anderen Rechtsgeschäften über ein eingetragenes Recht die Rechtsstellung nach Maßgabe des Inhalts des Grundbuchs zuerkennt (§§ 892, 893 BGB); dadurch wird das Vertrauen des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs auf die Verlässlichkeit der Eintragung geschützt.
2. Sachlicher Anwendungsbereich: Erfasst werden alle Rechtsgeschäfte mit einem im Grundbuch eingetragenen Nichtberechtigten sowie mit dem Eigentümer/Inhaber, der einer nicht eingetragenen Verfügungsbeschränkung (Verfügungsbeschränkung des Grundeigentümers) unterliegt, d.h. Erwerb des Eigentums oder sonstiger Grundstücksrechte, v.a. Grundpfandrechte, sonstige Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit Grundstücksrechten wie Aufhebung, Inhaltsänderung, Rangänderung (§§ 875, 877, 880 BGB) sowie Bewilligung einer Vormerkung (§ 883 BGB). Geschützt wird auch der Schuldner, der eine Leistung an einen eingetragenen Nichtberechtigten oder den einer nicht eingetragenen Verfügungsbeschränkung unterliegenden Eigentümer/Inhaber erbringt, weil diese mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem tatsächlichen Empfangsberechtigten erfolgt (§ 893 BGB).
3. Ausgeschlossene Umstände: Der öffentliche Glaube erstreckt sich nicht auf Tatsacheneintragungen im Grundbuch (Größe eines Grundstücks, Bebauungs- und Bewirtschaftungsart) sowie nicht eintragungsfähige Rechtsverhältnisse. In diesen Fällen kann jedoch (mit Ausnahme der öffentlichen Lasten) ein Schutz des guten Glaubens nach anderen Vorschriften in Betracht kommen.
4. Der gute Glaube des Erwerbers entfällt nur bei dessen Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs oder bei Eintragung eines Widerspruchs (§ 892 I BGB). Das Fehlen des guten Glaubens hat der durch den gutgläubigen Erwerb Benachteiligte nachzuweisen. Entscheidender Zeitpunkt für die Kenntnis des Erwerbers ist dabei i.d.R. die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung; nur wenn die Einigung erst später zustande kommt, ist der Einigungszeitpunkt maßgebend (§ 892 II BGB). Auch nach Antragstellung wirksam werdende Verfügungsbeschränkungen des Berechtigten hindern den späteren durch die Eintragung vollzogenen Rechtserwerb nicht (§ 878 BGB).
5. Grenzen: Der öffentliche Glaube erstreckt sich nur auf ein Verkehrsgeschäft, gilt also nicht für den Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung (z.B. Eintragung einer Zwangshypothek) oder durch staatlichen Hoheitsakt (z.B. Zuschlag bei der Zwangsversteigerung) sowie nicht bei einer Gesamtrechtsnachfolge (z.B. Erwerb eines Grundstücks von Todes wegen, z.B. als Erbe). Mangels eines Verkehrsgeschäfts zwischen zwei Personen ist zudem ein gutgläubiger Erwerb bei sog. Innengeschäften und dem Rückerwerb des Nichtberechtigten ausgeschlossen.