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Fusion
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engl. Merger; 1. Begriff:
a) Gesellschaftsrecht: wirtschaftliche und (im Unterschied zum Konzern) rechtliche Vereinigung von mindestens zwei zuvor selbstständigen Rechtsträgern (Personen). Rechtsfolge der Fusion ist die Auflösung wenigstens eines Rechtsträgers nach Übergang seiner Aktiva und Passiva ohne Abwicklungsverfahren (Liquidation). Die Anteilseigner des untergegangenen Rechtsträgers müssen entschädigt werden (i.d.R. durch Anteilstausch). Die Fusion ist seit 1995 unabhängig von den beteiligten Unternehmensrechtsformen, im Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Die Vorteile einer Vereinigung von mehreren Rechtsträgern im Wege der Fusion liegen hauptsächlich in der erleichterten Übertragung der Vermögensgegenstände durch Gesamtrechtsnachfolge und den durch das Umwandlungssteuergesetz gewährten steuerlichen Vergünstigungen.
b) Im Wettbewerbsrecht Inbegriff von Formen der Unternehmenskonzentration, die der Fusionskontrolle durch die Kartellbehörden (z.B. Bundeskartellamt) unterliegen.
2. Gesellschaftsrechtliche Fusion (Verschmelzung): a) Arten: Gemäß § 2 UmwG unterscheidet das Gesetz die Verschmelzung durch Aufnahme (Übertragung des gesamten Vermögens auf schon bestehenden Rechtsträger) und die Verschmelzung durch Neugründung (Übertragung durch zwei oder mehrere Vermögen auf neuen Rechtsträger). Die Verschmelzung durch Aufnahme ist in §§ 4 - 35 UmwG geregelt; §§ 36 -38 UmwG ergänzen diese Vorschriften für die Verschmelzung durch Neugründung. Neben diesem allgemeinen Teil finden sich dann in §§ 39 ff. UmwG die speziellen, auf bestimmte Rechtsformen der verschmelzenden Rechtsträger bezogenen Regelungen. Die beteiligten Rechtsträger sind abschließend aufgeführt: Gemäß § 3 I UmwG können an Verschmelzungen Personenhandelsgesellschaften (Personengesellschaft), Partnerschaftsgesellschaften, Kapitalgesellschaften, eingetragene Genossenschaften, eingetragene Vereine, genossenschaftliche Prüfungsverbände (Genossenschaftsprüfung) sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit als übertragender, übernehmender oder neuer Rechtsträger beteiligt sein. § 3 II UmwG erweitert diesen Katalog auf wirtschaftliche Vereine, sofern sie der übertragende Rechtsträger sind, und auf natürliche Personen, die als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Einmanngesellschaft) deren Vermögen übernehmen. Nach § 3 IV UmwG können Verschmelzungen zwischen unterschiedlichen oder auch identischen Rechtsformen stattfinden.
b) Verfahren: Die Verschmelzung setzt den Abschluss eines notariell beurkundeten (notarielle Beurkundung) Verschmelzungs-Vertrages voraus (§§ 4 I 1, 6 UmwG), der nach § 5 I UmwG wenigstens Regelungen enthalten muss über:
Namen bzw. Firma und Sitz der beteiligten Rechtsträger;
Umtauschverhältnis der Anteile und Modalitäten der Anteilsübertragung;
Verschmelzungsstichtag;
Folgen für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen (z.B. Betriebsrat). Bei einer Verschmelzung durch Neugründung ist gemäß § 37 UmwG ferner erforderlich, dass im Verschmelzungsvertrag der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung des neuen Rechtsträgers bereits enthalten ist oder festgestellt wird. § 36 II 1 UmwG ordnet darüber hinaus an, dass auf die Gründung des neuen Rechtsträgers die für dessen Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften (z.B. nach dem Aktiengesetz (AktG), wenn eine Aktiengesellschaft [AG] entsteht) anzuwenden sind, es sei denn, das Umwandlungsrecht enthält speziellere Regelungen. Der Verschmelzungsvertrag wird erst wirksam durch den jeweiligen und ebenfalls notariell zu beurkundenden Zustimmungsbeschluss, den die Anteilseigner in einer Versammlung (z.B. Hauptversammlung) fassen müssen (§ 13 I, III 1 UmwG). Der Beschluss ist binnen Monatsfrist anfechtbar (§ 14 I UmwG); allerdings kann die Anfechtung gemäß §§ 14 II, 32 UmwG nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile oder eine angebotene Abfindung (z.B. austrittswilliger Aktionäre; Abfindung außenstehender Aktionäre) zu niedrig bemessen ist. In diesen Fällen ist vielmehr gemäß §§ 1 ff. SpruchG ein besonderes Spruchstellenverfahren durchzuführen. Nach Maßgabe des § 8 UmwG haben die jeweiligen Vertretungsorgane (Organ) der beteiligten Rechtsträger zudem einen Verschmelzungsbericht vorzulegen. Bei Verschmelzung mit einer Genossenschaft findet schließlich immer auch eine nach §§ 9 - 12 UmwG vorzunehmende Prüfung statt (§ 81 UmwG). Dagegen kann bei einer AG und bei Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) auf die nach §§ 60, 78 Satz 1 UmwG an sich notwendige Prüfung im Einverständnis sämtlicher Aktionäre verzichtet werden (§§ 8 III, 9 III UmwG). Nach dem zustimmenden Verschmelzungsbeschluss muss die Verschmelzung von den beteiligten Rechtsträgern zur Eintragung in das jeweilige öffentliche Register (z.B. Handelsregister, Vereinsregister, Genossenschaftsregister) angemeldet werden (§§ 16 I 1, 38 UmwG). Die Eintragung darf nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn der Verschmelzungsbeschluss angefochten worden ist (§ 16 II, III UmwG).
Die Verschmelzung ist mit der letzten Eintragung in das Register am Sitz des übernehmenden bzw. neuen Rechtsträgers vollzogen. Gemäß § 20 I UmwG treten damit u.a. folgende rechtliche Wirkungen ein:
automatischer Übergang der Aktiva und Passiva des übertragenden Rechtsträgers, der erlischt und dessen Anteilseigner grundsätzlich solche des übernehmenden Rechtsträgers werden;
Heilung von Mängeln der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrages.
§§ 21 - 23 UmwG enthalten besondere Vorschriften zum Schutz der potenziell durch die Verschmelzung benachteiligten Personenkreise (vgl. z.B. § 22 UmwG bezüglich der Gläubiger des übertragenden Rechtsträgers).
c) Rechtsformspezifische Besonderheiten: Bei Personengesellschaften ist nach § 43 I UmwG grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Sieht der Gesellschaftsvertrag einen Mehrheitsentscheid vor, muss dieser wenigstens mit einer qualifizierten Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen erfolgen (§ 43 II 1, 2 UmwG). Einem widersprechenden persönlich haftenden Gesellschafter muss nach § 43 II 3 UmwG im neuen bzw. übernehmenden Rechtsträger die Stellung eines (nur beschränkt haftenden) Kommanditisten eingeräumt und dies entsprechend im Verschmelzungsvertrag niedergelegt werden (§ 40 I 1UmwG). Geht eine Personenhandelsgesellschaft in einer Kapitalgesellschaft auf, endet die Haftung als ehemaliger Gesellschafter i.d.R. spätestens mit Ablauf von fünf Jahren nach der Verschmelzung (Einzelheiten, auch zur Anmeldung der Ansprüche durch die Gläubiger, in § 45 UmwG).
Auch bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist der Beschluss über die Verschmelzung mindestens mit einer Dreiviertelmehrheit zu fassen (§ 50 I UmwG). Nach § 51 I UmwG müssen in den dort genannten Sonderfällen zwingend alle Anteilseigner zustimmen. Wenn die GmbH als übernehmender Rechtsträger beteiligt ist, sind nach § 46 UmwG für alle Anteilseigner ihre jeweiligen (neuen) Geschäftsanteile im Verschmelzungsvertrag zu bestimmen. Weitere spezielle Verfahrensvorschriften enthalten §§ 53 ff. UmwG, falls die Verschmelzung nicht ohne eine Kapitalerhöhung der übernehmenden GmbH durchgeführt werden kann.
Vergleichbare Regelungen finden sich bei Beteiligung einer AG, z.B. in § 65 I 1 UmwG (mindestens Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals) und in §§ 66, 68, 69 UmwG bezüglich der Verschmelzung mit Kapitalerhöhung.
Darüber hinaus besteht für Kapitalgesellschaften nach §§ 122a ff. UmwG die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung.
d) Besonderheiten gelten schließlich auch für Kreditinstitute (z.B. Aktienbanken): Eine geplante Verschmelzung ist unverzüglich gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen (§ 24 II KWG).
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